Hautkrankheiten

Die vielen Gesichter der Haut

Von Nadine Effert · 2019

Wer eine schöne, gesunde Haut sein Eigen nennt, kann sich glücklich schätzen. Denn Hautveränderungen gelten als Makel oder Ungepflegtheit. Betroffene erleben ihre Erkrankung daher häufig als Stigmatisierung und fühlen sich wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes von der Gesellschaft ausgegrenzt – mit schwerwiegenden Folgen für die Psyche.

Beine von Frauen mit unterschiedlichen Hautfarben
Foto: iStock/Image Source

Manch einer ärgert sich über Mitesser auf der Nase oder mag seine Sommersprossen nicht. Frauen stehen gerne mit Falten im Gesicht oder Cellulite an den Oberschenkeln auf Kriegsfuß. Millionen Menschen haben Hauterkrankungen, wovon viele nicht heilbar, sondern lediglich deren Symptome behandelbar sind. Manche Betroffene leiden vorübergehend, manche dauerhaft. Die Haut des Menschen hat viele Gesichter und nicht immer entspricht es der „Norm“: glatt, pickelfrei, rosig, strahlend, ebenmäßig, straff. Es gibt unzählige Attribute, die uns vorgeben, wie unsere Haut auszusehen hat. Dafür kann man einiges tun: Zu Feuchtigkeitscremes, Maske und Lotion greifen, literweise Wasser trinken, fleißig Karotten essen, schließlich steckt in dem Gemüse viel Beta-Carotin, was für die Funktion und den Aufbau der Haut wichtig ist – keine Frage, es schadet keineswegs, seine Haut zu umsorgen und mit dem zu versorgen, was sie braucht, um ihre vielseitigen Funktionen ausführen zu können. 

Ein echtes Multitasking-Wunder

Die Fläche von eineinhalb bis zwei Quadratmetern dient unter anderem als Schutzschild, Klimaanlage, Sinnesorgan und Gefühlsbarometer. Mit einer Dicke von gerade einmal wenigen Millimetern schirmt die Haut uns vor Keimen, Austrocknung und Sonneneinstrahlung ab. Sie ist außerdem für den Wärmehaushalt zuständig, am Stoffwechsel beteiligt, spielt für das Immunsystem und Verstoffwechselung von Hormonen eine Rolle. Und sie verrät viel über unseren Gemütszustand: Ist uns etwas unangenehm, errötet die Haut. Sind wir emotional sehr ergriffen, dann gibt es die berühmt-berüchtigte Gänsehaut. Sind wir aufgeregt, macht sich das gerne mit roten Flecken im Bereich des Halses und Dekolletees bemerkbar. Bekommen wir zu wenig Schlaf, zeigt sich die Haut im Gesicht von ihrer fahlen Seite. 

Wenn die Haut Alarm schlägt

Das sind zum Glück Momentaufnahmen – in der Regel, aber nicht immer. Was tun, wenn Rötungen bleiben? Die Haut auf einmal juckt? Entzündete Stellen schmerzen? Sich unangenehme Pusteln oder Schuppen bilden? Wenn das rund zehn Kilogramm schwere Organ sich meldet oder Alarm schlägt, können die dahintersteckenden Ursachen komplex und schwerwiegend sein, sodass fachärztlicher Rat nicht teuer, sondern notwendig ist. Heutzutage leidet jeder fünfte Erwachsene in Deutschland unter Hautproblemen – Tendenz steigend. Neben leichten Hautirritationen gibt es auch viele schwerwiegende chronisch-entzündliche Erkrankungen, wie etwa Neurodermitis oder Psoriasis (Schuppenflechte).

Die vielen Gesichter der Haut
Wenn der Juckreiz anhält, sollte der Ursache auf den Grund gegangen werden. Foto: iStock/Rawpixel

Allein unter Neurodermitis leiden etwa vier Millionen Menschen in Deutschland. In den letzten 60 Jahren hat sich die Zahl der Betroffenen vervierfacht. Mögliche Ursachen sind Stress, Ernährung und Umweltfaktoren, wie zum Beispiel Schadstoffe aus der Luft. Auch unsere moderne Auffassung von Hygiene und Körperpflege trägt dazu bei, dass immer mehr Menschen und vor allem Kinder allergisch auf bestimmte Stoffe reagieren. Zu viel des Guten, tut eben auch der Haut nicht gut. Ganz nach Bedarf ist da der bessere (Pflege-)Weg.

Hautkrankheiten: Psychische Belastung ist hoch

Besonders belastend ist für Menschen mit Hautproblemen die damit oftmals einhergehende Stigmatisierung, vor allem, wenn Hautpartien betroffen sind, die sich nicht oder nur schlecht bedecken lassen. Mobbing von Mitschülern, wenn sich in der Pubertät die Akne breitmacht. Angeekelte Blicke von Fremden im Bus, die auf die Ekzeme an den Händen starren und fälschlicherweise denken, sie seien ansteckend. Die eigene Scham von Betroffenen, zum Beispiel mit dem Partner oder der Partnerin intim zu werden. Die Haut ist der Spiegel der Seele. Jedoch kann die Seele auch sozusagen zum Spiegel der Haut werden. Das gilt als wissenschaftlich belegt: So leiden 29 Prozent der Hautkranken gleichzeitig auch an einer psychischen Erkrankung.

Das ist das Ergebnis einer groß angelegten Studie, im Rahmen derer in 13 europäischen Staaten insgesamt 3.600 Menschen mit Hautkrankheiten untersucht worden sind. Die Forscher stellten außerdem fest, dass der Anteil von Menschen mit Depressionen unter den Hautkranken mehr als doppelt so hoch war, und Angsterkrankungen oder Suizidgedanken anderthalbmal so häufig vorkamen wie in der Kontrollgruppe. Experten, wie der Psychodermatologe Professor Dr. med. Uwe Gieler von der Universitäts-Hautklinik in Gießen, der maßgeblich an der Studie beteiligt war, fordern daher, dass etwaige psychische Probleme erkannt und mitbehandelt werden. Nur dann sei die Behandlung der Hautpatienten adäquat. Trotzdem gilt: Die Psyche steckt nicht hinter jedem Hautproblem. Manch einer vermutet, dass diese Annahme sogar zu einer verstärkten Stigmatisierung führen könnte. Was bleibt, ist Betroffene nicht sozial auszugrenzen. Das geht im Prinzip ganz einfach, indem man den Menschen unter der Haut sieht.

Grafik: Unsere Haut in Zahlen
Quelle: www.eucall.de, 2019
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