Hautforschung

Forschung im Blickpunkt

Von Tobias Lemser · 2021

Im Sommer oft gebräunt, im Winter blass: Kein Organ zeigt sich so vielschichtig und bietet gleichermaßen so viel Angriffsfläche für medizinische Leiden wie unsere Haut. Ob Schuppenflechte, Neurodermitis oder Akne: Erkrankungen, die unangenehme Beschwerden mit sich bringen und zudem auf die Psyche schlagen. Zum Glück arbeiten Forscher mit Hochdruck, was bei immer mehr Patientinnen und Patienten Linderung verschafft.

Frauengesicht mit Schaum
Jede Haut ist individuell und braucht daher eine Pflege gemäß ihren speziellen Bedürfnissen. Foto: iStock / PeopleImages

Dass die Haut mit Abstand unser größtes Organ ist, darauf kommen wohl nur die wenigsten. Knapp zwei Quadratmeter Fläche misst sie und hat mit dem unterliegenden Bindegewebe ein Gewicht von rund 18 Kilogramm. Ebenso verblüffend: Kaum ein Körperbereich erneuert sich so schnell wie die Haut. Bis zu 14 Gramm abgestorbene Hautzellen verlieren wir jeden Tag. Doch für Nachschub ist gesorgt: In der Basalzellschicht bilden sich unaufhörlich neue Zellen, welche dafür sorgen, dass wir innerhalb eines Monats eine komplett neue Körperhülle tragen – mit allen Funktionen, die wir für unser tägliches Leben benötigen. Denn unsere Haut verhindert nicht nur, dass keine Krankheitserreger und schädlichen Stoffe in den Körper eindringen. Mit ihren gut vier Millionen Rezeptoren ist sie außerdem Sensor- und Schaltzentrale für viele Sinneswahrnehmungen: Sie lässt uns Schmerz fühlen und Lust empfinden sowie Hitze und Kälte spüren. 

Kälte setzt der Haut zu

Gerade mit letzterer Fähigkeit wird sie uns in den kommenden Monaten wieder das ein oder andere Mal daran erinnern, uns der kalten Jahreszeit angepasster zu kleiden – auch zum Selbstschutz, denn fällt das Thermometer unter acht Grad Celsius, wird die Talgproduktion der Haut reduziert. Folge: Fehlt der Fettfilm, verdunstet die Feuchtigkeit auf der Hautoberfläche schneller. Trockene Heizungs- und Winterluft und Wind verstärken den Effekt. Unsere Haut trocknet aus, wird rau, rissig und juckt – ein Effekt, den viele Psoriasis-Patienten kennen, was eine im vergangenen Jahr publizierte Studie aus Großbritannien bestätigt. Rund zwei Drittel der 186 teilnehmenden Patienten sprachen von einer Verschlechterung der Symptome im Winter. Den Wissenschaftlern zufolge liegt dies am Immunsystem, das in der kalten Jahreszeit generell in höherer Alarmbereitschaft ist, um die Körperabwehr zu stärken. Ihr Rat: die Therapie jetzt im Herbst bereits mithilfe ihres Dermatologen anzupassen. Auf eine umfassende Pflege kommt es ebenso bei Neurodermitis an. 

Hautforschung: moderne Therapien auf dem Vormarsch

Bis zu vier Millionen Menschen, darunter rund 1,3 Millionen Kinder, leiden deutschlandweit unter dieser ebenso chronisch-entzündlichen Hauterkrankung. Die gute Nachricht für alle Neurodermitis-Patienten: Dank moderner Therapien, so etwa mit Biologika, kann inzwischen immer mehr Patienten geholfen werden. Auch bei einigen Betroffenen, bei denen die Haut bislang therapieresistent war, ist inzwischen ein sehr gutes Ansprechen zu beobachten. Und weitere Medikamente, die sogar noch bessere Ergebnisse versprechen, befinden sich laut aktueller Meldungen aus der Wissenschaft in der Pipeline.

Neueste Erkenntnisse zum Mikrobiom

Überhaupt ist Forschung die Grundlage Nummer eins, leidgeplagten Patienten wieder mehr Lebensqualität zu geben. Dabei jüngst immer wieder ins Visier gerät der bakterielle Schutzschild gegen Krankheitserreger, das Mikrobiom. Denn bei vielen Hautkrankheiten, wie beispielsweise Neurodermitis oder Akne, ist der bakterielle Schutzfilm der Haut geschädigt. War es bislang ein Problem, die genaue Zusammensetzung des Mikrobioms aufgrund unterschiedlicher Vermehrung aller Bakterien aus einem Hautabstrich zu untersuchen, konnten nun Forscher der Technischen Universität München einen Durchbruch erzielen. „Die enzymbasierte Selektion von lebendigen Hautbakterien kann uns helfen, mikrobielle Biomarker für bestimmte dermatologische Krankheiten zu finden, aber auch die Bakterien zu identifizieren, die den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen“, so Dr. Martin Köberle, Leiter der Studie. 

Einbinden statt ausgrenzen

Nachrichten wie diese machen den Betroffenen Hoffnung, nicht nur künftig ein Medikament gegen die Beschwerden zu bekommen, sondern auch psychisch weniger leiden zu müssen – immer wieder kommt es Situationen, in denen sie stigmatisiert werden. So auch bei Akne vulgaris, deren Symptome sich häufig in den Wintermonaten verschlimmern, oder Rosazea: einer nicht ansteckenden Hauterkrankung, welche mit anhaltenden Gesichtsrötungen, Pusteln oder knollenartigen Hautverdickungen einhergehen kann. Abscheu und obendrein Bedenken sich anzustecken, sind nicht selten. Grund, Aufklärung etwa mithilfe von Awareness-Kampagnen voranzutreiben, damit Erkrankte mit ihrem Leiden nicht allein „im Regen stehen“. 

Haut verjüngen und frischer aussehen

Doch die Dermatologie ist angesichts ihrer zahlreichen und vielseitigen Anwendungsbereiche nicht
nur bei Hautproblemen gefragt, sondern auch bei denjenigen, die etwas an ihrem Hautbild optimieren möchten. Ein ganz großer Trend ist die Hautverjüngung, bei der immer schonendere, sogenannte nicht-invasive Verfahren, wie Peelings oder Microneedling angewendet werden – mit dem Ziel, frisch auszusehen, ohne dass andere auf den ersten Blick eine optische Veränderung wahrnehmen. Fakt ist: Die Gesundheit unseres größten Organs ist entscheidend für unser Wohlbefinden. Sollte es zu Hauterkrankungen kommen, stehen auch dank akribischer Forschung immer wirksamere Medikamente und Therapien bereit, um Betroffen gezielt helfen zu können.

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