Chronisch-entzündliche Hautkrankheiten

Ökosystem aus der Balance

Von Tobias Lemser · 2021

Schuppenflechte und Neurodermitis sind für viele Betroffene ein lebenslanger Begleiter, der mit teils starken Belastungen einhergeht. Das Gute: Inzwischen hat sich das Angebot an wirksamen Salben und Cremes erheblich erweitert. Doch worauf kommt es konkret bei der Pflege an? Und welche Rolle spielt das bakterielle Ökosystem der Haut?

Bild von einem Rücken mit Neurodermitis
Neurodermitis geht mit einen starken Juckreiz einher. Foto: iStock/Rawpixel

Endlich Frühling, endlich das passende Wetter, um die kurzen Hosen und T-Shirts aus dem Kleiderschrank zu ziehen. Worauf die einen schon seit Wochen entgegenfiebern, löst bei anderen eher Ernüchterung aus – gerade bei jenen mit einer chronisch-entzündlichen Hauterkrankung, wie der Schuppenflechte (Psoriasis). Viele der Psoriasis-Patienten klagen über rote, teils großflächige juckende Hautpartien, die von glänzend weißlich-silbernen Schuppen oder Pusteln bedeckt sind. Grundsätzlich können die erkrankten Stellen überall auftreten, zumeist jedoch am behaarten Teil des Kopfes, Ellenbogen, Fußsohlen und Handflächen.

Laut Angaben des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf sind rund zwei Millionen Deutsche von dieser schubweise verlaufenden Autoimmunerkrankung geplagt. Als wären die Hautbeschwerden nicht bereits genug, klagt zudem jeder Zehnte der Erkrankten über eine Psoriasis-Arthritis. Bedeutet: Die Schuppenflechte geht zudem mit schmerzhaften und bewegungseinschränkenden Schwellungen an Gelenken und Sehnenansätzen einher. 

Auslösende Faktoren

Doch woher kommt Psoriasis überhaupt? Dermatologen gehen von einer erblich bedingten Veranlagung aus. Auslöser, die zum Ausbruch führen können, sind Stress, eine Immunschwäche, genauso wie hormonelle Veränderungen. Aber auch Kälte kann Psoriasis-Patienten zusetzen – was eine Ende 2020 veröffentliche englische Studie unter 186 Patienten aus 15 Ländern untermauert. Auf die Frage, welche Faktoren bei ihnen die Symptome verschlimmern, gaben rund zwei Drittel der Teilnehmer eine saisonale Verschlechterung im Winter an. Laut der Wissenschaftler liegt dies am Immunsystem, das dann generell in höherer Alarmbereitschaft ist, um die Körperabwehr zu stärken. Grund, weshalb sie dazu raten, die Therapie bereits im Herbst mithilfe eines Dermatologen anzupassen. Da Schuppenflechte unheilbar ist, kommt es darauf an, die Symptome zu lindern. Basis der Therapie sind zellteilungshemmende Wirkstoffe sowie eine Bestrahlung. Zusätzlich ist es für Psoriasis-Patienten ratsam, die Haut mit parfümfreien, pH-neutralen und rückfettenden Waschlotionen zu reinigen – rückfettend ist auch die Erfolgsformel für die Salben oder Cremes, welche dünn auf die Hautareale aufgetragen werden sollten. So lassen sich die Beschwerden deutlich lindern und sogar die Abstände zwischen den Erkrankungsschüben verlängern. 

Schubweiser Verlauf bei chronisch-entzündlichen Hautkrankheiten

Quelle: Allergieinformationsdienst / Helmholtz Zentrum München, 2018

Ebenso zur Riege der chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen ist Neurodermitis zu zählen – 2,6 Millionen Menschen sind bundesweit davon betroffen. Auch wenn beide Erkrankungen für Laien zum Verwechseln ähnlich sind, gibt es Unterschiede – gerade hinsichtlich der Entzündung der Haut. Diese ist bei Psoriasis zumeist ausgeprägter, da die Haut sehr viel dicker ist, was am schnelleren Wachstum durch die Entzündung und der stärkeren Schuppung liegt. Neurodermitis, die ebenfalls schubweise verläuft und genetisch bedingt ist, geht ebenso mit Hautschuppen und Rötungen, jedoch auch mit starkem Juckreiz einher. 

Mikrobiom im Fokus

Wie Forscher festgestellt haben, zeigt sich bei Patienten mit einer chronisch-entzündlichen
 Hauterkrankung wie etwa Neurodermitis eine veränderte Zusammensetzung des Mikrobioms auf der Haut. Damit Letzteres ausgewogen ist – denn darauf kommt es an –, müssen sich verschiedene Organismen, wie rundliche Staphylokokken ansiedeln. Nur so werden verschiedene Stoffwechselprozesse unterstützt, was wiederum bei der Wundheilung hilft und vor Eindringlingen schützt. Gewinnt jedoch der Keim Stapyhlococcus aureus die Oberhand, erhöht sich das Risiko für Entzündungen auf der Haut. Wissenschaftler diverser Studien fanden heraus, dass zur Therapie von Neurodermitis entweder die guten Mikroorganismen wieder gestärkt oder die schlechten gezielt unterdrückt werden müssten.

Pflegetipps bei Neurodermitis

Was heißt dies nun für die Hautpflege von außen? Oberstes Gebot sollte sein, der natürlichen Hautbarriere wieder auf die Sprünge zu helfen. So wird zum Beispiel harnstoffhaltigen Cremes eine Hautbarriere stärkende Wirkung nachgesagt. Darüber hinaus haben sich Cremes mit Kortison bewährt, um das Mikrobiom zu stabilisieren. Und nicht nur das: Wie Experten der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft im April dieses Jahres verlauteten, werden zudem immer häufiger Biologika verabreicht – mit dem Ziel, das Krankheitsbild von innen gezielter, wirksamer und nebenwirkungsärmer zu behandeln. Darin enthaltene Antikörper sollen gegen entzündungsfördernde sogenannte Zytokinrezeptoren und IgE-Antikörper wirken und somit zu einer deutlichen Verbesserung des klinischen Bildes führen – was letztlich ganz erheblich die oftmals so stark eingeschränkte Lebensqualität wieder erhöht und Mut machen könnte, auch mal zu kurzen Hosen zu greifen.

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